Ich lehne bestimmte Neuerungen in der Bildungslandschaft ab, aber das heißt doch nicht, dass ich meine Hände in den Schoß lege und mit einer Tasse Kaffee den Kindern genüsslich beim Buddeln und Wachsen zuschaue.

Ja, so sollte es sein, aber selbstverständlich ist es nicht. Ohne es wissenschaftlich belegen zu können, wage ich die Behauptung, dass dies trotz der Ausbildung an wenigstens einem Drittel aller ErzieherInnen vorübergegangen ist.Juliala hat geschrieben:... dem kann ich nur beipflichten, aber ist das nicht selbstverständlich? Muss man dafür eine pädagogische Ausbildung haben? Ich nenne es gesunden Menschenverstand.Jelka hat geschrieben: Sammeln die Kinder im Garten Ameisen, [...]sondern sie in ihrem Wissensdrang zu unterstützen, indem wir ihnen den entsprechenden Rahmen z.B. in Form von entsprechendem Material (Lupengläser, Sachbücher etc.) anbieten und sie als Gesprächspartner begleiten.
So sollte es eigentlich immer sein.
Dann bist du vermutlich entweder mit Eltern aufgewachsen, die diese Werte noch hochgehalten haben oder du kommst aus einer ländlichen Gegend.So verstehe ich Bildung und so kenne ich es schon aus meiner Kindheit. Fast jedes Kind hatte damals in den 70er Jahren z.B. eine Lupe. Sachbücher haben auch wir damals schon gehabt.
Wir sind durch die Wälder und die Gegend gestreift und haben die Welt erkundet......heutzutage unmöglich.
Als Vierjährige habe ich schon alleine mit Wasser und allerlei Naturmaterialien herumexperiment.
Das ist nicht nur dein Eindruck. Statt über den "Bildungswahn" und den eigenen Umgang damit auszutauschen, geht auch dieses Thema verstärkt in die Richtung ob und unter welchen Bedingungen Kitas eine Daseinsberechtigung haben.Tobias84 hat geschrieben: Ich habe aber auch festgestellt, dass es in diesem Forum sehr wenig um Pädagogik geht, da gewinnt man schnell so einen Eindruck.
Ist das nicht ein guter Grund, sich intensiv mit Pädagogik auseinanderzusetzen? Spielerisches, entdeckendes Lernen findet sich ja auch schon in etwas älteren Ansätzen wie Reggio, aber in der Mitte der Gesellschaft ist das noch nicht angekommen. Nicht bei Eltern, nicht bei Lehrern und nur teilweise bei Erziehern. Wenn man damit aufgewachsen ist, dass Lernen lästige Pflicht und Spielen keine Bildung ist, ist es ja gegen die eigene Intuition, beides zu verbinden.Jelka hat geschrieben:Ich gehöre noch zu der Generation, die mit dem Glauben aufgewachsen ist, dass man zum Lernen angeleitet werden muss und keiner freiwillig lernt. Dass ich heute vom Gegenteil überzeugt bin, habe ich nicht meiner Ausbildung, sondern meiner Beobachtungsgabe und meinem Wissensdrang zu verdanken. Mit anderen Worten: ohne meinen Beruf wäre ich heut noch auf dem Wissensstand von früher.
Und das ist ziemlich der gleiche Wissenstand, den die meisten Eltern haben, wenn es um Bildung und Lernen geht. Was wir an Lernprogrammen verteufeln, finden viele Eltern super, weil die Kinder nicht nur lernen, sondern dies auch spielerisch passiert.
Genau dies ist der Punkt, wo wir die Eltern mit ins Boot holen könnten, weil wir eigentlich das gleiche Ziel haben.
Es ist gleichzeitig amüsant und traurig, wenn Kita-Erzieherinnen den Sinn der Kita abstreiten. Irgendwie ist das aber eine Debatte von vorgestern. Klar ist eine miese Krippe schlecht für Kleinkinder und schlechte Betreuungsschlüssel oder schlechte Räume weder für die Kinder noch für die Erzieherin förderlich. Aber ich dachte eigentlich, dass es Konsens ist, das Kinder in der Kita schon allein sozial enorm profitieren - und sie lernen andere Umgebungen, andere Werte, andere Kulturen, Kinder mit anderer Hautfarbe oder mit Beeinträchtigungen kennen, manchmal lernen sie auch erst die deutsche Sprache. Das kann die beste Hausfrau so nicht leisten.Jelka hat geschrieben:Statt über den "Bildungswahn" und den eigenen Umgang damit auszutauschen, geht auch dieses Thema verstärkt in die Richtung ob und unter welchen Bedingungen Kitas eine Daseinsberechtigung haben.
Die Vater-Mutter-Kind-mit-Alleinverdiener-und-Hausfrau-Familie ist inzwischen weder in der Mehrheit noch von der Mehrheit der jüngeren Generation gewollt. Junge Frauen sind heute genauso gut qualifiziert wie Männer und wenn man fünf Jahre Medizin studiert hat, bleibt man nicht drei bis fünf Jahre pro Kind zuhause, selbst wenn man es sich leisten könnte. Im Gegenteil, viele Beziehungen zerbrechen nach dem ersten Kind, weil die Mutter von einer gleichberechtigten Beziehung ungewollt in die traditionelle Rollenverteilung gedrängt wird und das überhaupt nicht möchte. Ohne gute Bildung müssen hingegen Vater und Mutter arbeiten, weil ein Gehalt gar nicht mehr zum Leben reicht.Herr Uhl hat geschrieben: Die Kita ist in einer Sinnkrise. Man versucht eine Aufwertung durch den Bildungsauftrag, während die Entwicklung der Kitas zum Elternhausersatz geht. Bedingt durch eine Arbeitsmarktsituation unzähliger Überstunden und übertriebener Mobilitätsanforderungen, auflösung klassischer Familienverhältnisse, etc...
...aus meiner Sicht vollkommen falsch. Klar kann man Zertifikate und Stiftungen kritisieren, aber doch nicht den Bildungsauftrag der Kitas als solches.Juliala hat geschrieben: Wir ErzieherInnen nehmen uns in der Kindererziehung und Bildung viel zu wichtig.
Aber genau hier, finde ich, sind wir Erzieherinnen gefragt. Wenn man den Eltern z.B. erklärt, dass die mathematische Bildung nicht in der Schule anfängt, sondern schon weit vorher und dazu auch Beispiele benennt, verstehen dies auch Eltern. Aber solange Erzieherinnen sich von falschen Bildungsansprüchen verunsichern lassen, ist es auch für Erzieherinnen schwer, beides zu verbinden.Tobias84 hat geschrieben:Ist das nicht ein guter Grund, sich intensiv mit Pädagogik auseinanderzusetzen? Spielerisches, entdeckendes Lernen findet sich ja auch schon in etwas älteren Ansätzen wie Reggio, aber in der Mitte der Gesellschaft ist das noch nicht angekommen. Nicht bei Eltern, nicht bei Lehrern und nur teilweise bei Erziehern. Wenn man damit aufgewachsen ist, dass Lernen lästige Pflicht und Spielen keine Bildung ist, ist es ja gegen die eigene Intuition, beides zu verbinden.
Konsens ist es nicht. In Foren und in der Praxis habe ich schon oft gelesen und gehört, dass Kinder zu Hause besser aufgehoben sind. Ich denke, jeder hat seine Meinung, und die darf man ihm auch nicht absprechen. Unverständlich ist für mich nur, dass genau diese Leute in diesem Beruf arbeiten und sich nicht umorientieren.Tobias84 hat geschrieben:Es ist gleichzeitig amüsant und traurig, wenn Kita-Erzieherinnen den Sinn der Kita abstreiten. Irgendwie ist das aber eine Debatte von vorgestern. Klar ist eine miese Krippe schlecht für Kleinkinder und schlechte Betreuungsschlüssel oder schlechte Räume weder für die Kinder noch für die Erzieherin förderlich. Aber ich dachte eigentlich, dass es Konsens ist, das Kinder in der Kita schon allein sozial enorm profitieren ...Jelka hat geschrieben:Statt über den "Bildungswahn" und den eigenen Umgang damit auszutauschen, geht auch dieses Thema verstärkt in die Richtung ob und unter welchen Bedingungen Kitas eine Daseinsberechtigung haben.
Abgesehen davon, dass ich selbst zur älteren Generation gehöre, sehe ich das Problem weniger in den Generationen, als in der Einstellung zum Berufsbild.Tobias84 hat geschrieben:Klar kann man Zertifikate und Stiftungen kritisieren, aber doch nicht den Bildungsauftrag der Kitas als solches.
Das ist aber auch ein Generationenproblem unter den Erziehern. In der Pädagogik und in der Gesellschaft hat sich in den letzten 20 Jahren enorm viel getan und manche Alten wollen oder können sich dem nicht anpassen.