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von Rimonus » Donnerstag 29. März 2018, 11:52
Hallo,
ich habe hier bisher nur stumm mitgelesen, musste mich jetzt aber dennoch anmelden, um meine Meinung zu dem Thema kundzutun.
Ich, als männlicher Erzieherauszubildender reagiere mittlerweile auf Unterstellungen ziemlich empfindlich. In meiner bisherigen Ausbildung und einem vorangegangenen FSJ musste ich mir des Öfteren Diskriminierungen anhören und glaube mittlerweile nicht mehr, dass ich mir das gefallen lassen muss.
In meinem FSJ damals durfte ich nicht wickeln, mit der Begründung, FSJler dürften so etwas in dieser Einrichtung noch nicht. Diese Begründung konnte ich verstehen. Als ich jedoch feststellte, dass die anderen beiden FSJlerinnen, die beide weiblich waren, wickeln durften, hinterließ dies bei mir erstmals einen faden Beigeschmack.
Ansonsten muss ich sagen, dass ich von den meisten Erzieherinnen, die ich in meinen Praktika kennengelernt habe, fair behandelt wurde. Diskriminierungen kamen nur von Seiten anderer Erzieherinnen, die mich nicht kannten. Da hörte ich dann Dinge wie "Habt ihr nicht jetzt einen männlichen Praktikanten? Dem würde ich ja nicht vertrauen. Passt du da auch immer schön auf, was der mit den Kindern macht?" Während meine anleitenden Erzieherinnen mir stets zu Hilfe kamen und die Aussagen der anderen scharf kritisierten, weil sie mich kannten, manifestierte sich in mir ein Gedanke: "Du bist hier aufgrund deines Geschlechtes nicht erwünscht."
Liebe Kolleginnen, muss man sich so etwas wirklich anhören? Es ist doch wohl nachvollziehbar, dass das ziemlich wehtun kann, oder nicht? Wie lange kämpfen Frauen schon für ihre Gleichberechtigung und vor allem, warum tun sie das wohl? Natürlich weil sie sich solche Kommentare von Männern nicht anhören wollen. Im Übrigen: Mit der mangelnden Fachkompetenz, die männlichen Erziehern gelegentlich unterstellt wird, verhält es sich genauso. Ich habe in meinem Bundesland für meinen Beruf eine 5-jährige Ausbildung machen müssen, bzw. befinde mich momentan im fünften Jahr. Ich habe enormes Interesse an Pädagogik und Entwicklungspsychologie, weshalb ich mich gerne und viel weiterbilde. Ich mache diesen Beruf ja nicht einfach, weil ich nichts besseres zu tun habe. Dieser Beruf ist das, was ich machen möchte und das woran ich größtes Interesse habe. Da muss ich mir ja wohl nicht gefallen lassen, mangelnde Fachkenntnis zugesprochen zu bekommen, einfach nur weil ich keine Frau bin. Woher kommt dieses Denken, dass ich aus Beiträgen hier teilweise herauslese? Frauen seien intelligent und Männer könnten ihnen kognitiv ja ohnehin nicht folgen, weshalb sie persönlich werden müssten. Merkt denn keiner von euch, dass solche Aussagen ebenfalls persönlich sind?
Zurück zum Thema "Männer und Missbrauch". Wir haben damals im Unterricht den Film "Die Jagd" gesehen. Während viele von den Ereignissen dort erschüttert waren, wurden auch einige Stimmen von Mitschülerinnen laut, die Kita hätte ganz genau richtig gehandelt. Die Sicherheit der Kinder ginge vor und damit müsse der Mann leben.
Das kann doch nicht ernst gemeint sein. (Achtung Spoiler des Filmes): Ein Mann muss also damit leben, dass er keinen fairen Prozess bekommt, sondern vorher noch von einem Lynchmob verprügelt wird. Ein Mann muss damit leben, dass sein Sohn bedroht und sein Hund getötet wird, dass seine Scheiben mit Steinen eingeworfen werden, dass er als krank hingestellt wird und nirgendwo mehr sicher ist. Dass auf ihn geschossen wird. All das, obwohl der Mann unschuldig ist und alles ein ganz blödes Missverständnis war. Aber damit muss man(n) halt leben.
Ganz ehrlich: Wenn ich so etwas höre wird mir schlecht, denn ich habe Angst um mein Leben und alle, die mir lieb sind. Ich gebe jetzt etwas Persönliches von mir preis, was ich nicht vielen Menschen erzähle, daher bitte ich darum, das Ganze respektvoll zu behandeln: In meiner späten Kindheit und frühen Jugend wurde ich Opfer von ziemlich üblem Mobbing durch Menschen, die ich meine Freunde genannt habe und denen ich vertraut habe. Spätwirkungen des Ganzen sind ein geringes Selbstwertgefühl und Schwierigkeiten in Beziehungen mit anderen Menschen, da ich nicht mehr gut vertrauen kann. Ich blocke ab, aus Angst wieder so ungeheuer verletzt zu werden, wie damals. Ich arbeite daran und einigen Menschen, z.B. sehr engen Freunden kann ich bereits wieder vertrauen. Aber es fällt mir schwer. Wem ich uneingeschränkt vertrauen kann, sind Kinder, da sie unglaublich ehrliche und echte Menschen sind, was die Arbeit mit Kindern für mich zu meiner Berufung macht.
Aufgrund meiner Beziehungsschwierigkeiten bin ich momentan single und weiß nicht, wann und ob sich das ändern wird. Laut Aussagen, die in diesem Thread stehen, bin ich dadurch angeblich zu Recht in großer Gefahr, denn Eltern hätten ein Recht darauf, neugierig auf mein Leben zu sein. Seid ihr also der Meinung, ich muss allen Eltern mein tiefstes Inneres offenbaren, um nicht im Zweifelsfall von ihnen einen Kopf kürzer gemacht zu werden, nur weil ich ein Mann bin? Wo kämen wir denn da hin? Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass alle Missbrauchstäter atmen. Beäugen wir deshalb alle atmenden Menschen kritisch? Nein, das tun wir nicht. Wir beurteilen einen Menschen anhand seines Charakters und seiner Handlungen. Bitte schaut doch mehr darauf, ob Männer nette Menschen sind, die gut mit Kindern umgehen, oder ob sie es nicht tun, anstatt euch nur davon leiten zu lassen, ob ein Mensch männlich ist, oder nicht.